Leben auf dem Land wird attraktiver – Neue Studie zeigt: Immer mehr Hessen zieht es aufs Land

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Die Attraktivität des Lebens auf dem Land erlebt in Hessen und ganz Deutschland einen bemerkenswerten Aufschwung, wie eine neue Studie zeigt. Einst war die Landflucht ein großes Problem, insbesondere für kleinere ländliche Gemeinden. Doch in den letzten Jahren sich dieser Trend umzukehren, mit immer mehr Menschen, die das städtische Treiben zugunsten des idyllischen Landlebens aufgeben.

Eine im Mai 2023 veröffentlichte Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung, im Auftrag der hessischen Landesregierung, zeigt, dass es immer mehr Menschen in Hessen aufs Land zieht. Laut der Studie gibt es dafür mehrere Gründe, einschließlich steigender Immobilienpreise in den Großstädten, sich verändernden Arbeitswelten und den Auswirkungen der Coronapandemie.

Ausblick von der Amöneburg nahe der Stadt Marburg

Wer sind die Neuzugänge auf dem Land?

Auffällig ist, dass junge Menschen im Alter von 25 bis 29 Jahren seltener in Großstädte ziehen und häufiger auf dem Land bleiben als noch vor zehn Jahren. Dieser Trend erstreckt sich auch auf junge Familien im Alter von 30 bis 49 Jahren. Diese Bevölkerungsgruppen senken den Altersdurchschnitte in den ländlichen Regionen und die Bereitschaft dieser Gruppen, sich lokal einzubringen, bietet den Gemeinden neue Möglichkeiten zur Entwicklung.

Universitätsstädte mittlerer Größe wie Gießen, Darmstadt und Marburg ziehen weiterhin die 18- bis 24-jährigen „Bildungswandernden“ an und verzeichnen einen positiven Wanderungssaldo. Allerdings dämpfte die Corona-Pandemie die Abwanderung aus den ländlichen Gebieten beträchtlich. Trotz Beginns ihrer Studien oder Ausbildungen entschieden sich viele Jugendliche aufgrund hoher Mietpreise in den Städten und reduzierter Jobmöglichkeiten infolge der Pandemie, vorerst im Elternhaus wohnen zu bleiben. Sie bevorzugten entweder das Pendeln oder die Nutzung der durch die Pandemie verstärkten Möglichkeiten zum Online-Studium. Diese Tendenz könnte jedoch nach Lockerung der Corona-Maßnahmen wieder abnehmen.

Während vor allem die jüngeren Bevölkerungsgruppen für den Bevölkerungsanstieg auf dem Land oder in Kleinstädten verantwortlich sind, wird gleichzeitig eine steigende Tendenz bei älteren Generationen beobachtet, die Großstädte zu verlassen. Insbesondere die „Empty-Nest-Wandernden“ im Alter von 50 bis 64 Jahren, deren Kinder bereits ausgezogen sind, aber teilweise auch die über 65-Jährigen tendieren verstärkt dazu, die städtischen Ballungszentren hinter sich zu lassen. Die Wohnungsnot in Städten und ein Mangel an   bezahlbarem und altersgerechtem Wohnraum machen es älteren Menschen schwieriger, in der Stadt wohnen zu bleiben.

Die Faktoren hinter dem Trend

Steigende Mieten in den Großstädten

Der rapiden Zunahme der städtischen Mieten kommt eine entscheidende Rolle zu. Sie steigen sowohl in den städtischen als auch in den ländlichen Gebieten, wobei die Mieten in Großstädten wie Frankfurt zum Teil mehr als doppelt so hoch sind wie auf dem Land. Auf dem Land und im suburbanen Raum halten sich die Miet- und Immobilienpreise im Vergleich zu den städtischen Ballungsräumen noch in Grenzen. Für viele Menschen ist das ein Grund, entweder gar nicht erst in eine Stadt zu ziehen oder diese zu verlassen. Vor allem für Familien, die eine größere Wohnung mieten möchten oder über den Kauf einer Immobilie nachdenken, ist der Umzug aufs Land ein lohnenswerter und oft auch notwendiger Schritt geworden. 

Wandel der Arbeitswelt

Die Umstrukturierung in der Arbeitswelt hat ebenfalls einen großen Einfluss. Dadurch, dass die Möglichkeit im Homeoffice oder hybrid zu arbeiten etablierter geworden ist, ist es nicht mehr zwingend notwendig nahe am Arbeitsplatz zu wohnen. Eine Studie des ifo Instituts, veröffentlicht im Februar 2023, zeigt, dass Menschen, die mindestens einen Tag im Homeoffice arbeiten können, eher bereit sind, vom eigentlichen Arbeitsort wegzuziehen. Von Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden wurde der Homeoffice-Trend größtenteils positiv aufgefasst und wird sich daher auch in Zukunft fortsetzen.  

Einfluss der Corona-Pandemie

Die Corona-Pandemie hat dazu beigetragen, die Vorteile des idyllischen Landlebens in den Vordergrund zu rücken und hat den Trend der Landlust verstärkt. Die Städte wurden durch das verringerte Kulturangebot in der Pandemiezeit und die ohnehin unzureichenden Grünflächen als Erholungsgebiete weniger attraktiv. Eine Studie des ifo Instituts aus 2021 ergab, dass seit der Pandemie mehr junge Menschen und Familien mit Kindern aus Großstädten wegziehen wollen, hauptsächlich in kleinere Städte oder Vorstädte. In der Zeit der Pandemie haben die meisten Menschen einen Großteil ihrer Zeit zuhause verbracht und sind dadurch weniger kompromissbereit geworden, was ihre Wohnqualität und ihr Wohnumfeld angeht. Ein schöner Garten oder ein gut ausgestattetes Homeoffice sind wichtiger geworden als vorher. Die Optimierung des Zuhauses ist verstärkt zu einem Trend geworden.

Das 49€-Ticket macht Pendeln attraktiver

Die Einführung des kosteneffizienten 49€-Tickets hat das Pendeln erschwinglicher gemacht und somit die Attraktivität des Lebens außerhalb der Großstädte gesteigert. Dies könnte Gemeinden wie Wöllstadt, gelegen am Rande Frankfurts, zu einem begehrten Wohnort machen. Im Ortsteil Nieder-Wöllstadt Gotthold Projektentwicklung vier komfortable Reihenhäuser errichtet. Diese Objekte bieten den Bewohnenden den Vorteil kurzer Wege zur Metropole sowie zur umliegenden Natur. Das Projekt verkörpert ein hervorragendes Beispiel für die harmonische Verknüpfung von effektiver Pendleranbindung und ländlicher Erholung. Immobilien dieser Art könnten nun für viele Umzugswilligen oder Investor*innen sehr attraktiv werden.

Mehr Wertschätzung für die Natur

Die Klimakrise und das wachsende Bewusstsein für den Umweltschutz spielen ebenfalls eine wichtige Rolle für die Attraktivität des Landlebens. Der Wunsch, ein nachhaltigeres und umweltfreundlicheres Leben zu führen, bringt viele Menschen dazu, den Betonwüsten der Großstädte den Rücken zu kehren und sich in ländlicheren Gegenden niederzulassen. Auf dem Land können sie direkter Teil der Natur sein, einen eigenen Garten pflegen, lokale Lebensmittel einkaufen oder sogar selbst produzieren. Die frische Landluft, die geringere Luftverschmutzung und die Möglichkeit, aktiv zur Bekämpfung des Klimawandels beizutragen, indem man beispielsweise weniger abhängig von fossilen Brennstoffen ist oder durch die Schaffung von natürlichen Lebensräumen, machen das Landleben für immer mehr Menschen attraktiv. Gleichzeitig kann die ländliche Infrastruktur von dieser nachhaltigen Entwicklung profitieren und sich anpassen, um umweltfreundlichere Lösungen anzubieten und zu fördern. Da eine Immobilie oder ein Grundstück auf dem Land oft erschwinglicher ist als in der Stadt, kann das Eingesparte in die Nutzung erneuerbarer Energien im eigenen Haushalt investiert werden, was das Klima schützt und auf lange Sicht Kosten einspart. Eine Wärmepumpe  am Haus und eine Solarthermieanlage auf dem Dach stellen gute Alternativen zur herkömmlichen Wärme-und Warmwassererzeugung dar.

Herausforderungen auf dem Land

Trotz der Zuwanderung gibt es allerdings auch Herausforderungen. Viele ländliche Gemeinden verzeichnen trotz des Zuzugs einen Rückgang der Einwohnerzahl. Dies ist auf die alternde Bevölkerung zurückzuführen. Die Sterbezahl ist momentan noch höher als die Zahl der Zuziehenden. Sollte sich der Trend der Landlust allerdings fortsetzen oder sogar noch verstärken, könnte dies eine große Hoffnung für viele Gemeinden und Kleinstädte bedeuten.

Fazit

Die zunehmende Attraktivität des Landlebens ist eine spannende Entwicklung, die sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich bringt. Insgesamt eröffnet dieser Trend neue Möglichkeiten für ländliche Gemeinden, ihre Entwicklung voranzutreiben und ihre Bevölkerungszahlen zu erhöhen. Dennoch bleiben einige Herausforderungen bestehen, die es zu überwinden gilt, um ein nachhaltiges Wachstum und eine hohe Lebensqualität auf dem Land zu gewährleisten. Es bleibt abzuwarten, wie sich dieser Trend in den kommenden Jahren weiterentwickeln wird.